Das Mälzen

Die Malzherstellung ist der Ausgangspunkt der Malt Whisky-Produktion! Zur Single Malt Whisky-Herstellung wird Gerstenmalz als Ausgangsprodukt verwendet. Dieser Artikel beschäftigt sich mit der Herstellungsweise von Malz und den erforderlichen technischen Geräten und Räumen. Wer die grundlegende Herstellungsweise von Single Malt Whisky noch nicht kennt, kann sich zuvor in diesem Video und Artikel informieren.

Gerstenmalz besteht, wie der Name schon sagt, aus Gerste. Doch das geerntete Gerstenkorn ist nicht direkt zu Bier oder Whisky verarbeitbar. Die im Gerstenkorn gespeicherte Stärke muss erst in Zucker aufgespaltet werden, bevor die Hefen mit der Gärung beginnen können. Wie das genau chemisch vor sich geht, lesen Sie bitte in unserem Artikel Vom Getreidekorn zum Alkohol.

 

Früher und Heute

Obwohl die Herstellung von Gerstenmalz grundsätzlich mit Einweichen, Keimen und Trocknen immer gleich abläuft, haben sich in der Vergangenheit zwei verschiedene Herstellungsverfahren herausgebildet: Malzboden und Saladin Box. Heute wird der Großteil des Malzes für die Whiskyproduktion in sogenannten Trommelmälzereien genau nach der Spezifikation der Brennereien hergestellt. Was Sie hier lesen, ist ein Blick zurück in die Vergangenheit.

 

Im Folgenden werden Fotos von verschiedenen Mälzereien zur Veranschaulichung gezeigt. Nur noch Tamdhu besaß bis 2010 die Saladin Boxen, in denen man durch die über einen Meter starke Malzschicht sehr viel Malz in einer Charge erzeugen kann. So stellte Tamdhu mit seinen Saladin Boxen noch das Malz für Macallan, Glenrothes und andere Brennereien in der Firmengruppe her. Alle anderen noch laufenden Kleinmälzereien arbeiten mit einfachen Malzböden und haben nur einen geringen Malz-Ausstoß. Wann immer Sie hier Fotos von Tamdhu sehen, so sein Sie sich bitte bewusst, dass es sich um eine Großmälzerei handelte.

Vor über Hundert Jahren gab es nur Malzböden, auf denen die Brennereien - genauso wie die Brauereien - ihre Gerste zu Gerstenmalz keimten. Der erste Automatisierungsschritt ging hin zu den Saladin Boxen, die das Keimen der Gerste automatisierten, jedoch keine Vorteile beim Trocknen des Malzes brachten. Zum Trocknen werden heute großtechnisch Trommel-Trockner eingesetzt, auf die wir in diesem Artikel aber nicht näher eingehen.

Nur noch wenige Brennereien besitzen eigene, kleine Mälzereien. Von Vielen bestaunt und als besonders authentisch angesehen, kostet das Malz aus diesen Mälzereien die Brennereien doch weitaus mehr, als das industriell hergestellte Malz aus spezialisierten Großmälzereien (z.B. Port Ellen).

Der chemische Vorgang

Bei der Herstellung von Gerstenmalz täuscht man dem Gerstenkorn eine ideale, warme und feuchte Umgebung zum Keimen vor. Es geschieht was geschehen muss. Das Gerstenkorn aktiviert seine auf dem Feld gespeicherte Sonnen-Energie und wandelt die aufgebaute Stärke in Zucker um. Zucker, den die 'Kleinfabrik' Gerstenkorn gerne in Cellulose umbauen möchte, um damit Wurzeln und einen Keim mit Blättern wachsen zu lassen.

Doch nach dem Aufspalten von Stärke in Zucker unterbricht der Mensch diesen Prozess durch Trocknung und verwendet den Malz-Zucker (Maltose) für die Herstellung einer süßen, wässrigen Flüssigkeit (engl. wort). Dazu wird das Malz zuerst grob gemahlen. Der Zucker wird dann mit heißem Wasser aufgelöst und schließlich mit Hefe zusammen zu Bier vergoren und anschließend gebrannt.

 

 

Anlieferung der Gerste

Der Transport der Gerste zur Brennerei erfolgt heute per LKW. 40-Tonner, voll beladen mit getrockneter Gerste, fahren die Brennereien an. Dabei macht es keinen Unterschied, falls eine Brennerei keine eigene Mälzerei mehr besitzt. In diesem Fall liefert der LKW gleich fertiges Malz. Doch wir betrachten hier den seltenen Fall der eigenen Mälzerei in der Brennerei. Von diesen Brennereien gibt es nur noch weniger als 10. Balvenie, Bowmore, Glen Garioch, Glen Ord, Highland Park, Laphroaig, Speyburn und Springbank. Bis auf Speyburn und Glen Ord mit pneumatischen Trommel-Mälzern, stellen die anderen Brennereien nur noch einen Teil ihres Malzes auf eigenen Malzböden, vor allem für die Reputation bei den Besuchern, her.

Bevor nun 30 Kubikmeter Gerste in die Silos der Mälzerei aufgenommen werden, muss die Brennerei eine Probe entnehmen und die Qualität der Gerste prüfen. Nur wenn die Gerste bestimmten Qualitätskriterien wie Dichte, Feuchtigkeit, Stärkegehalt, Keimfähigkeit, Stickstoffgehalt und Reinheit entspricht, erlaubt der Kontrolleur die Annahme der Gerste. Auch die Menge von Abreifepilzen und Schädlingen wird dabei geprüft. Zur Entnahme der Probe aus dem LKW verwendet der Kontrolleur einen speziellen Probenentnahmearm, den so genannten Monkey.

Die ganze Ladung Gerste wird mit Druckluft in eines der Silos zur Lagerung gepumpt. Hier wartet die Gerste auf die kommende Weiterverarbeitung. Ein schlimmer Gersten-Schädling ist der Kornkäfer (Grain Weevil). Er versteckt sich gerne in der Gerste und kann sich dort prima ernähren und vermehren.

Das Einweichen

Wer schon einmal auf ein rohes Getreidekorn gebissen hat weiß, wie hart diese getrockneten Körner sind. Vor dem Keimen müssen diese Körner deshalb für mehrere Tage eingeweicht werden. Sie saugen sich in dieser Zeit richtig voll Wasser, das sie für die biologische Auslösung des Keimvorgangs benötigen. Rund zwei bis drei Tage dauert der Einweichvorgang. Dass dazu das gleiche reine Quellwasser wie für das Herauslösen des Zuckers verwendet wird, versteht sich von selbst.

Nach dem Einweichen der Gerste in der Groß- und Kleinmälzerei unterscheidet sich das weitere Vorgehen zwischen Malzböden und Saladin Boxen im Automatisierungsgrad.

 

Traditionelle Mälzerei

Mit Hilfe einfacher Hilfsmittel wie Schubkarren und Rechen wird die eingeweichte Gerste auf den Malzböden in einer Höhe von rund 8 bis 12 cm ausgebreitet.

Die Malzböden müssen ordentlich belüftet werden, damit keine Pilze oder Bakterien die Gerste befallen. Doch das ist noch nicht Alles. Regelmäßig muss die Gerste gewendet werden, da die biologische Reaktion die Gerste in der Mittelschicht erwärmt. Damit alle Gerste gleichmäßig fertig wird, achtet der Mälzer darauf, dass die Gerste nicht überhitzt und dazu gewendet und vollständig durchmischt wird. Trotz allem bleibt das Ergebnis 'sub-optimal'. Auch der beste Mälzer muss sich in dieser Hinsicht dem Ergebnis der modernen Großmälzereien beugen.

Apropos beugen: Früher wurde ein Großteil der Wendearbeit mit der Malzschaufel vollführt. Nach 30 Jahren Malzwenden mit der Schaufel neigten die Arbeiter zu bleibenden Verformungen ihres Skeletts. Die Bezeichnung dieser Berufskrankheit lautete treffend 'Monkey Shoulder – Affenschulter'.

Industrielle Mälzerei

Ganz anders erfolgte das Durchmischen und Belüften in den Saladin Boxen bei Tamdhu.

Ein durch Elektromotore angetriebener Rechen fuhr regelmäßig entlang der seitlichen Schienen durch die mehr als einen Meter hoch liegende Gerstenschicht. Durch große, schraubenförmig gebogene Bleche wurden die Körner gleichmäßig durchmischt. Da die Räume durch eine Klimatisierung und Lüftung in Temperatur und Feuchtigkeit geregelt waren, wurde die Umwandlungsquote zwischen Stärke und Malzzucker in diesen Apparaten ungleich höher als auf dem Malzboden.
Die Großmälzerei Tamdhu besaß eine ganze Etage voll von diesen Saladin Boxen, die rund um die Uhr in Betrieb waren. Das Entleeren der Saladin Boxen erfolgte über die im Vordergrund sichtbaren Saugrohre.

Trocknung

Der folgende Trocknungsvorgang läuft bei Groß- und Kleinmälzerei auf die gleiche Art und Weise ab. Wenn das Gerstenkorn, bezeichnen wir es jetzt lieber schon als Malz, aufplatzt und seine Wurzeln und den Keim auszubilden beginnt, bricht man den Keimprozess ab. Denn der Aufbau des Keims verbraucht den Zucker aus dem Malz, der dann nicht mehr für die Gärung zur Verfügung steht.

Das Abbrechen des Keimens funktioniert über eine Erhitzung und Trocknung. Das Erhitzen auf mehr als 70 Grad zerstört die für die Keimung durch das Gerstenkorn freigesetzten Enzyme (Amylasen) und die Trocknung sorgt dafür, dass Schimmelpilze und Bakterien dem frischen Malz nicht mehr zusetzen.

Das noch feuchte Malz wird auf einem durchlöcherten Trocknungsboden oberhalb eines Feuerplatzes ausgebracht. Dieser Ofen wird auch Kiln genannt. Diese Kilns wurden schon 6.000 v. Chr. verwendet, und konnten damals Temperaturen von bis zu 900°C erreichen. Die Brennöfen werden unter anderem zur Trocknung von Keramik, Tabak oder eben gemälzter Gerste eingesetzt. Über der heißen Feuerquelle ist der Trocknungsboden angebracht, auf dem die Gerste ausgebreitet wird. Oft besteht der Boden aus gespannten Stahldrähten, die einen geringeren Abstand haben, als die Malzkörner Durchmesser aufweisen. Manche Brennereien verwenden als Brennmaterial Torf, dessen Rauch dem Malz und damit auch später dem Whisky ein besonderes, rauchiges Aroma verleiht.

Die heiße Abluft des Darrfeuers wird durch die ausgebrachte Malzschicht geleitet und entzieht ihr so die Feuchtigkeit, die über die pagodenartig verkleideten Kamine ins Freie entweicht. Ein Darrboden ist fast nicht zu betreten, wenn darunter das Feuer brennt. Die über 70 Grad Hitze, verbunden mit einer extrem hohen Luftfeuchtigkeit verschlägt einem sofort den Atem. Brillen und Linsen von Fotoapparaten beschlagen sofort.

Setzt man dem Trocknungsfeuer Torf zu, entwickelt sich ein beißender Rauch, der für das Raucharoma im Malt Whisky sorgt. Die unterschiedliche Rauchigkeit unserer Malt Whiskys hängt stark davon ab, wie lange das verwendete Malz über Torffeuer und/oder über normalem Feuer darren durfte.

Nach dem Darren ist das Malz einige Wochen haltbar, bevor es in der Malz-Mühle zum Lösen des Zuckers mit heißem Wasser grob gemahlen wird. Der Vorgang des Maischens wird im folgenden Artikel im Detail beleuchtet. 

Mälzen heute

Doch welches Malz ist besser? Das Malz aus der eigenen, kleinen, altehrwürdigen Mälzerei oder das Malz aus der Großmälzerei? Die Fachwelt ist sich bis auf wenige Journalisten einig. Man benennt fast ausnahmslos die althergebrachte und per Muskelkraft betriebene Mälzerei als die weniger gute.

Warum soll das so sein? Woher stammt diese Einschätzung? Es ist extrem schwierig und bedarf langer Erfahrung, um auf einem einfachen Malzboden ein Klima herzustellen und einzuhalten, auf dem sich Gerste optimal entwickelt und keimen kann. Kaum wechselt draußen das Wetter, schon ist die Temperatur oder die Luftfeuchtigkeit nicht mehr im optimalen Bereich. Und in Schottland wechselt das Wetter oft. Am wenigsten Schaden entsteht, wenn bei der Änderung des Wetters nur die Keimung nicht mehr optimal anläuft und der Vorgang sich etwas verzögert. Schlimmer wird es, wenn sich Schimmel bildet oder sich Bakterien und Pilze auf dem Malzboden vermehren. Dazu kommt noch das Einbringen von Schmutz durch Mäuse, Ratten und Katzen.

Da Single Malt Whisky sehr stark mit seinen Traditionen verbunden ist und das auch so bleiben muss, wenden sich die großen Brennereien wie Highland Park, Bowmore oder Laphroaig nicht von der alten Kunst des händischen Mälzens ab. Aber unsere stark angestiegene Nachfrage nach diesen tollen Malt Whiskys hat die Brennereien dazu bewogen, seit Mitte der 90er auf einen Dreischichtbetrieb in der Produktion an 7 Tagen in der Woche umzustellen. Unterbrochen wird die Produktion nur für wenige Tagen im Jahr bei notwendigen Wartungen und Reparaturen.

Doch allein die Ausweitung auf den Dreischichtbetrieb an mehr als 300 Tagen im Jahr zeigt dem traditionsbewussten Genießer, dass ein alleiniges Mälzen von Hand in den Brennereien nicht mehr möglich ist. Die Gebäude der Mälzereien waren auf normale 8 Stunden Produktionen ausgelegt und eine Verdreifachung des Ausstoßes konnte über die vorhandenen Malzböden nicht unterstützt werden. Oft wurde auch ein Teil der alten Malzböden für andere Zwecke wie Besucherzentren und Shops umgebaut. So sehen wir uns heute mit dem Umstand konfrontiert, dass auch die Brennereien mit eigener Mälzerei nur noch einen Teil des Malzes (ca. 15% bis 30%) auf klassische Weise herstellen können - ein würdiger und schöner Tribut an die alte Tradition.

Gerste wächst heute in den gemäßigten Breiten in vielen Ländern. Schon lange kann die schottische Gerstenproduktion nicht mit dem Bedarf für Whisky und Bier mithalten und so importiert Schottland einen Teil seiner Gerste aber auch fertiges Gerstenmalz aus vielen Ländern, darunter auch Deutschland.