Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit!

7 Feinheiten der schottischen Whisky-Produktion

Verbraucherschutz ist modern. Jede Organisation, die sich den Verbraucherschutz auf die Fahne geschrieben hat, möchte dem Bürger helfen, seine Kaufentscheidungen als mündiger Bürger selbstständig zu treffen. Doch bei diesem Ansinnen gibt es ehrliche Interessen und nur vorgeschobene Argumente.

Wer möchte wirklich, dass Whisky beim Transport nicht mehr in Holzfässern aufbewahrt werden darf, da leicht-entzündlicher Gefahrenstoff wie Whisky eigentlich in feuersichere Behälter umgefüllt werden muss? Operation gelungen - Patient tot! Verbraucherschutz hin oder her - was zuviel ist, ist zuviel.

Unser aller so geliebter Single Malt Whisky ist doch über allen diesen Dingen erhaben? Oder etwa nicht? Gibt es da vielleicht etwas, was wir wissen sollten? Ist Single Malt Whisky wirklich das, für das wir ihn alle halten?

Bevor wir Sie aber bewusst verunsichern, nehmen wir lieber das Ergebnis gleich vorweg: Ja, Single Malt Whisky ist weitgehend ein natürliches Produkt und wir können uns auf die Qualität verlassen! Aber es gibt bereits Auswüchse, die so langsam vor sich hin wuchern. Man probiert ganz vorsichtig aus, wie weit der Kunde neuen Konzepten folgt.

Wir möchten hier nicht für mehr Kontrollen, Verbrauchersiegel oder Gesetze sowie Verordnungen plädieren. Letztendlich würden diese Maßnahmen nur die Kosten für unser Lieblingsgetränk erhöhen.

Wir wollen stattdessen mit diesem Artikel aufklären. Einige Dinge sind unschädlich, andere leiten unsere Gedanken mehr oder weniger bewusst in eine falsche Richtung. Wenn Sie sich eine Whiskyflasche kaufen, so lesen Sie bitte vorher die hoffentlich vorhandene Beschreibung durch. Hinter so manchem geschilderten, tollen Vorteil verbirgt sich eine Kröte, die es anschließend im wahrsten Sinne des Wortes zu schlucken gilt.

1. Das Alter von Whisky

Mehrmals pro Jahr fragen uns Kunden nach einem 60 jährigen Whisky einer berühmten Blended-Whiskymarke. Das erste Mal verstanden wir nur Bahnhof. Wir kannten keinen Whisky dieser Marke mit 60 Jahren. Durch Zufall haben wir in einem Whisky-Buch den Ursprung dieses Missverständnisses gefunden. In diesem Buch steht über diesen Whisky, dass die enthaltenen Malts "zum Teil bis zu 60 Jahre alt sein sollen".

Nun wurde uns klar, dass unbedarfte Verbraucher diesen Satz falsch aufgefasst hatten. Aus dem "zum Teil" wurde sehr schnell das Alter des gesamten Whiskys. Wie alt die Whiskys in diesem Blended Scotch Whisky nun tatsächlich sind, wissen auch wir nicht. Bei vielen tausend jährlich verkaufter Flaschen dieses Blends wird einem schnell klar, dass sich nur sehr kleine Mengen so alten Whiskys in jeder Flasche befinden können. Single Malt Whiskys in diesem Alter erreichen in der Regel Preise von über 10.000 Euro pro Flasche.

Das schottische und europäische Whiskygesetz sagt nur, dass ein Whisky mit Altersangabe keinen Whisky enthalten darf, der jünger als dieses Alter ist. Dies ist ganz im Interesse des Verbrauchers. Es gibt aber ein paar spitzfindige Besonderheiten. Zum Beispiel enthielt der Ardbeg 17 Jahre ausschließlich Malt Whiskys, die im Jahr 2003 mehr als 20 Jahre alt waren. Wie ist so etwas möglich? Nun, vor 17 Jahren produzierte Ardbeg nicht. Man musste auf Whiskys zurückgreifen, die deutlich älter waren, um den Ardbeg 17 Jahre weiter im Markt halten zu können. Hier kann es zu Missverständnissen beim Kunden kommen. Wer den Ardbeg TEN mit 10 Jahren kennt, weiß, dass dieser sehr rauchig ist. Wer nun eine vergleichbare Rauchigkeit beim 17 jährigen Malt erwartet, wird enttäuscht. Vor mehr als 20 Jahren brannte Ardbeg mit deutlich weniger Rauch und die längere Reifezeit baut den Rauch in einem Malt zusätzlich ab. Höheres Alter muss also nicht immer besser sein.

Dieses Problem kann mit der Angabe eines Jahrganges doch umgangen werden? Oder etwa nicht? Tatsächlich kann man sich auf einen Jahrgangswhisky nicht 100-prozentig verlassen. Das Whiskygesetz erlaubt nämlich den einfachen Austausch des Alters durch eine Jahreszahl. Wenn also auf einer Flasche ein Jahrgang, etwa 1975, geschrieben steht, dann besagt das nur, dass die verwendeten Whiskys aus dem Jahr 1975 oder Jahren davor stammen. Sie sind irritiert? Ein Blick auf das Etikett des Macallan 18 Jahre zeigt ein kleines Detail. Ganz früher stand auf der Flasche zum Beispiel 18J-1983. Dann wechselte man zu: "18 Jahre, Youngest Whisky Distilled in 1985".

 

2. Fassstärke-Whiskys wie zu Urgroßmutters-Zeiten

Dieser Punkt stammt aus dem Jahre 2003, wie der gesamte Artikel. In der Zwischenzeit wurde in Großbritannien das Whiskygesetz geändert. Heute müssen Fassstärke-Whiskys auch wirklich in Fassstärke abgefüllt sein. Doch nun weiter im Artikel:

Bevor die Glasflasche ihren Siegeszug in der Whisky-Distribution begann, wurde Whisky direkt aus dem Fass ausgeschenkt. Man brachte seinen eigenen Krug mit in den Pub und ließ sich direkt aus dem Fass zapfen. Damit man vom Besitzer des Pubs, oder dieser von seinem Lieferanten, nicht über das Ohr gehauen wurde, prüfte man vorher den Alkoholgehalt. Da es noch keine Spindeln (Dichtemesser) in der damaligen Zeit gab, erfolgte die Prüfung durch die Vermischung mit Schießpulver. Brannte das entzündete Gemisch mit heller Flamme ab, dann war der Whisky "proof". Brannte es nur mit kleiner, blauer Flamme ab, so war der Whisky verwässert und "underproof". Die 100 Proof des imperialen Alkoholmaßsystems richten sich nach diesem Punkt.

Viele Malt Whiskys nehmen für sich das Attribut Fassstärke "Cask Strength" in Anspruch, obwohl sie bereits leicht verdünnt wurden. So tragen viele, junge Fassstärke-Whiskys namhafter Brennereien den Zusatz Cask Strength, obwohl sie nur mit 57,3% oder noch darunter abgefüllt sind. Malt Whisky wird regelmäßig mit 63,5% in Fässer gefüllt und reift anschließend mit leicht unterschiedlicher Verdunstung pro Fass.

Genau 57,3% werden deshalb sehr selten erreicht. Und dass man zur Abfüllung gerade solche Fässer verwendet, die zusammen genau die angegebene Alkoholstärke aufweisen, gehört in die Märchenstunde. Aus praktischen Gesichtspunkten verdünnt man stattdessen alle Chargen auf einen Wert, der unter dem theoretisch geringsten Wert der Mischung liegt. So kann man immer sicher sein, dass man den auf dem Etikett genannten Alkoholgrad in Praxis auch erreicht. Alles andere wäre für eine Großproduktion schwierig.

Mit diesen 'Möchtegern-Fassstärken', häufig mit dem Zusatz 'Natural' versucht der Hersteller einen verbalen Bezug zu einem einzelnen Fass herzustellen, das nur wenigen Single Cask beziehungsweise Single Barrel Abfüllungen vorbehalten sein sollte. 'Hochprozentig' beziehungsweise 'High Proof' wäre stattdessen ein richtiger Ausdruck.

Eine rühmliche Ausnahme macht der Aberlour a’bunadh und die Serie der Rare Malts. Jede Charge an Fässern wird im Alkoholgehalt naturbelassen und der sich ergebende ungerade Wert wird auf das Etikett gedruckt.

3. Single Malts und Pure Malts

Der in 2003 aufgetretene Fall des Cardhu Pure Malts zeigt, wie exakt man auf den Begriff 'Single' oder 'Pure' Malt achten muss. Zur Erinnerung: Cardhu war ein Single Malt, das heißt ein Malt Whisky aus einer einzigen Brennerei. Durch die stark ansteigende Nachfrage, besonders aus Spanien, hätte man in Zukunft die Kunden mit den vorhandenen Lagern 12-jährigen Malt Whiskys aus der Cardhu Brennerei nicht mehr befriedigen können. Die Marketingstrategen machten im Juni 2003 aus dem Single Malt einen Pure Malt. Pure bedeutet nun zwar auch 'rein, echt, unvermischt', doch das Wort Pure ist gesetzlich nicht festgeschrieben. Diese Vorgehensweise ermöglicht es dem Hersteller beliebige Malt Whiskys, solange es nur Malts und keine Grain Whiskys sind, im Cardhu zu verkaufen. Den Geschmack kann man durch geschickte Fassauswahl zum Verwechseln ähnlich einstellen.

Auch die Qualität dieses Vatted Malts muss nicht schlechter sein. Statt das letzte verfügbare Fass an Single Malt gerade noch ausreichender Qualität einer Brennerei abzufüllen, kann man bei einem Pure Malt die besten Fässer aus mehreren Brennereien zur Abfüllung bringen. Doch für den Single Malt Puristen ist ein Pure Malt eben kein Single Malt sondern nur ein Blended Malt (früher Vatted Malt).

Fairerweise muss man darauf hinweisen, dass Glenfiddich den Begriff 'Pure Malt' über die vergangenen 20 Jahre salonfähig gemacht hat. Obwohl der damals abgefüllte Malt zu 100% aus der Glenfiddich Brennerei stammte und damit ein Single Malt war, setzten die Marketingstrategen die Bezeichnung 'Pure Malt' auf das Etikett. Aus welchem Grund sie das machten? Ob sie sich von der Konkurrenz mit ihrem 'Single Malt' abheben wollten oder ob es aus geschichtlichen Gründen geschah, bleibt uns verborgen. Tatsache ist, dass durch Glenfiddich als die Nr. 1 im weltweiten Single Malt Whisky Markt die Bezeichung 'Pure Malt' gesellschaftsfähig wurde.

Bis 2009 wurden Millionen Flaschen verschiedener schottischer Brennereien in Europa mit dem Zusatz 'Pure' vertrieben. Mit der Neuauflage des Britischen Whiskygesetzes sind die Worte 'Pure' und 'Vatted' nun abgeschafft. Es muss stattdessen entweder 'Single Malt' für einen Malt Whisky aus einer einzigen Brennerei oder 'Blended Malt' für eine Mischung von Malt Whiskys aus mehreren Brennereien heißen.

P.S.: Zur Jahreswende 2003/2004 gab Diageo, der Hersteller von Cardhu bekannt, wieder den Single Malt zu verkaufen und auf den Pure zu verzichten. Leider sinkt damit die mögliche Absatzmenge und den Cardhu findet man nicht mehr in deutschen Supermarkt-Regalen. Whisky.de importiert diesen Single Malt nun selbst.

4. Single Malt, Blended Malt und Whisky-Zusätze

Viele Brennereien wollen nicht, dass ihre Single Malt Whiskys unter fremdem Etikett von unabhängigen Abfüllern auf den Markt gebracht werden. Doch was tun? Man findet durch die natürliche Reifung immer eine gewisse Anzahl an Fässern in den Lagerhäusern, die den Ansprüchen an einen Single Malt nicht genügen. Typischerweise verkauft man sie an Hersteller von Blended Whiskys. Sie lassen diese Fässer in Mischungen aus Malt und Grain Whiskys aufgehen. Die große Vermischung lässt den speziellen Geschmack des einen Fasses in der Masse untergehen.

Nun gibt es aber profitgierige Menschen, die diese Fässer trotzdem als teuren Single Malt Whisky weiter verkaufen wollen. Diesen schieben die Brennereien einen Riegel vor, indem sie vor dem Verkauf des Fasses eine kleine Menge eines anderen Malts zusetzen. Sei es auch nur ein einziger Teelöffel voll - das Fass darf anschließend nicht mehr als Single Malt verkauft werden. Es handelt sich laut Gesetz um einen Blended Malt. Also um eine Mischung aus Malt Whiskys mehrerer Brennereien.

Um den Geschmack eines Whiskys zu beeinflussen ist es gesetzlich nicht verboten, einen Malt Whisky nach seiner Reifung in ein weiteres Fass zur Nachreifung, dem sogenannten Finishing, umzufüllen. Der Whisky nimmt so nicht nur die Stoffe aus der Fasswand eines einzigen Fasses auf - sondern gleich von zwei verschiedenen Fässern. Da es sich bei den zweiten Fässern in der Regel um Weinfässer handelt, ergeben sich ganz tolle Aromen nach Sherry, Rot- oder Weißweinen. Gesetzlich ist dieses Finish in Ordnung, solange es in Eichenfässern geschieht.

Das Whiskygesetz sagt nichts darüber aus, was sich vorher in diesen Fässern befunden haben muss oder darf. Tatsächlich verbleiben in den Poren der Wand eines Sherryfasses mehrere Liter Sherry. Wenn sich zuvor Bourbon in einem so genannten "Ex-Bourbon-Fass" befunden hat, dann ist zwar der Alkohol des Bourbons verdunstet, aber die weniger flüchtigen Geschmacksstoffe mehrerer Liter Bourbon befinden sich nach wie vor in der Fasswand.

Haben wir es also bei einem solchen Single Malt Whisky mit einem Blended Whisky zwischen Bourbon und Scotch zu tun? Oder sind alle Sherryfass gelagerten oder nachgereiften Malts eigentlich mit natürlichen Aromastoffen versehen? Was ist mit den in Islay Whisky Fässern nachgereiften Balvenie 17 Jahre oder Glenfiddich 12 Jahre Caoran Reserve? Handelte es sich bei diesen Single Malts nicht um Blended Malts aus 99% nichtrauchigen Speyside Malts und 1% rauchigen Islay Malts? So gut uns diese gefinishten Malts auch schmecken, für den Puristen liegen Mischungen vor.

In Kanada hat man die logische Konsequenz gezogen und erlaubt das Flavouring der Whiskys mit bis zu 9,09% Aromen. Trotzdem hat die EU Kanada 2003 dazu gezwungen, seine Whiskys für den europäischen Markt ohne diese Zusatzstoffe auszuliefern oder die Flaschen als 'Whisky Likör' zu bezeichnen. Ist das richtig? Geht so durch übertriebenen Verbraucherschutz nicht ein Stück Whiskykultur verloren?

5. Whisky ist eine braune Spirituose

Oft werden wir von unseren Kunden gefragt, "warum gute Whiskys für sie in Deutschland gefärbt werden. Die Flaschen, die man sich selbst aus Großbritannien mitgebracht hat, seien nicht gefärbt."

ACHTUNG! Hier sitzt der Tourist einem Trugschluss auf. Nur weil auf der Flasche aus dem Urlaub nicht "mit Zuckerkulör" draufsteht, heißt das nicht, dass kein Zuckerkulör drin ist. Es liegt an der immer noch unterschiedlichen lokalen Gesetzgebung in der europäischen Gemeinschaft.

Nur Deutschland und Dänemark schreiben die Kennzeichnung von Zuckerkulör auf dem Etikett vor. Egal für welches Land dieser Single Malt auch hergestellt wird, der Whisky stammt aus dem gleichen Mischbehälter und wandert über die gleiche Abfüllstraße in die gleichen Flaschen. Je nach Bestimmungsland werden nur verschiedene Etiketten und Aufkleber auf die Flaschenrückseite platziert. - Dieses Verfahren wird nur für Single Malt Whiskys in großer Stückzahl angewendet.

An diesen beiden ungefärbten, sehr alten Malt Whiskys, ist der Einfluss des Fasses auf die Farbe gut zu erkennen: 

 

Warum wird also überhaupt Zuckerkulör, also braune Farbe aus Zucker, manchem Whisky zugesetzt?

Schottischer Malt Whisky weist durch die Lagerung in individuellen Fässern auch pro Fass eine unterschiedliche Farbe auf. Da die Hersteller mit wechselnden Farbtönen Probleme bekamen ("Ist der Whisky schlecht? Geben Sie mir bitte einen dunkleren!") wurde Farbe zugesetzt, um die unterschiedlichen Nuancen in der Farbgebung auszugleichen. Soviel zum Ursprung der Färbung.

Es gibt einige, wenige, schwarze Schafe, die es mit der Färbung übertreiben, da sich dunkle Whiskys besser verkaufen als helle.

Es gibt auch ein paar Auswüchse in die falsche Richtung. So wurde zum Beispiel ein 100 Euro Whisky mit dem Farbstoffaufkleber versehen, obwohl der Whisky kein Zuckerkulör enthielt. Die Abfüller an den großen Abfüllstraßen hatten ganz alleine entschieden. Nach dem Motto: Deutschland = Aufkleber. Ob nun Farbe drin war oder nicht, spielte für sie keine Rolle. Die Kennzeichnung der Farbstoffe ist also alles andere als sicher.

Da es sich um natürliche Farbe (Zuckerkulör) handelt, die völlig identisch mit der Farbe der Fasswand ist, kann man sie nicht durch analytische Untersuchungen feststellen. Der Farbzusatz hat auch keinen Einfluss auf den Geschmack des Whiskys. Selbst Fachleute können den Zusatz nicht erkennen, da es sich um den gleichen Farbstoff aus der Fasswand handelt und auch nur extrem kleine Mengen im ml-Bereich zugesetzt werden.

Wenn Sie sicherstellen wollen, dass Sie keine Farbstoffe in Ihrem Whisky haben, so sollten Sie zu unabhängigen Abfüllern wie Signatory (Sign.), Murray McDavid oder Douglas Laing (McGibbon's Provenance) greifen. Hier ist auf dem Etikett die Farbfreiheit ausdrücklich vermerkt.

6. Whisky in 1 Liter Flaschen schmeckt schlechter

Nach wie vor hält sich das Gerücht, dass Whisky aus handelsüblichen 0,7 Liter Flaschen von besserer Qualität sei, als der aus 1 Liter Flaschen. Dieses Gerücht hatte wohl vor vielen Jahren seinen Ursprung im Fachhandel, der im Gegensatz zum Duty-free, keinen Zugriff auf preiswerte 1 Liter Flaschen hatte. Seit dem Fall des Duty-free-Handels in Europa drängen mehr und mehr preiswerte 1 Liter Flaschen auf den Markt. Ganz zum Vorteil des Verbrauchers.

Warum sollte nun Single Malt Whisky aus 1 Liter Flaschen schlechter als der aus 0,7 Liter Flaschen sein? Weil er für einen Massenmarkt hergestellt wurde? Weil der Kunde im Duty-free-Markt ohne Vorbehalte konsumiert?

Nichts von dem ist wahr. Nur auflagenstarke Single Malts werden auch in 1 Liter Flaschen produziert. Die Fassauswahl erfolgt bei diesen Malts bereits in der Brennerei, unabhängig von der weiteren Verwendung. Erst an der Abfüllstraße werden die Fässer in große Mischbehälter umgefüllt und auf Abfüllstärke mit Wasser reduziert. Je nach Auftragseingang werden 1 Liter Flaschen mit 43% oder 0,7 Liter Flaschen mit meist 40% für den Fachhandel eingestellt. Es kommt der gleiche Whisky in die Flaschen. Einzelne Brennereien mit Mega-Malts füllen sogar ganze Tanklaster bereits in der Brennerei. Man erspart sich so das doppelte Auf- und Abladen sowie den Rücktransport der Fässer.

Wenn man es ganz genau nimmt, hat der 43% Whisky in der 1 Liter Flasche sogar etwas mehr Aromareserve als die 0,7 Liter Flasche und ist damit besser. Verdünnt man den 43% Malt im Glas auf 40% herunter, so werden Aromen freigesetzt, die der 40% nicht mehr bieten kann.

7. Nur ein alter Whisky ist auch gut

Dieses ist das älteste Gerücht, das sich hartnäckig unter Whisky-Genießern hält. Es wird zwar bereits besser, aber noch sucht man meistens nach dem Alter einen Whisky aus. Dass es auch anders geht, zeigen so erfolgreiche Single Malts wie Aberlour a’bunadh oder Royal Lochnagar Selected Reserve. Mit Preisen von 50 bis über 100 EUR sind sie bei weitem teurer als die gängige Schar der 12- bis 18-jährigen Malts.

Hochwertige Single Malt Whiskys ohne Altersangabe:

Junger Whisky schmeckt metallisch, scharf und eindimensional. Mit zunehmender Reifung im Fass verliert der Whisky seine metallische Schärfe und nimmt eine Vielzahl von Aromen, vorwiegend aus der Fasswand, an. Die Erfahrung zeigt, dass ein Whisky ab 8 Jahren schon ganz gut schmeckt und nach 12 bis 15 Jahren bereits richtig gute Tropfen heran reifen.

Belässt man den Whisky noch viel länger im Fass, so beginnen die Fassaromen zu dominieren. Extrem schwere, aromareiche Malt Whiskys sind die Folge. Lagert man zudem in frisch befüllten Sherryfässern aus intensiver europäischer Eiche, so kann es einem passieren, dass Eichen- und Sherryaroma den Malt bis zur Unkenntlichkeit überdecken. Es ist die Kunst der Abfüller, für gute Malts eine Mischung aus Fässern herzustellen, die weder das Fass, noch den Brennerei-Charakter überbetonen. Harmonie ist gefragt.

Macallan hat hervorragende Whiskys in ebensolchen Fässern lagern. Leider sind die alten Lagerbestände relativ klein. Durch die geschmackliche Bewertung jedes einzelnen Fasses ist man im Hause Macallan in der Lage, Whiskys aus verschiedenen Produktionszeiten der Brennerei bis zurück in das Jahr 1841 aus einzeln ausgesuchten Fässern zu mischen. Doch wie alt sind die Malts in diesen sogenannten Replika-Flaschen wirklich? Niemand weiß es und fast niemand will es auch wirklich wissen. Nur das erzielte Replika Ergebnis zählt.

Lösen wir uns von der blassen Zahl des Alters. Die Auswahl der besten Fässer durch wissende Personen der Brennerei ist der Garant für gute Qualität. Eine 25 jährige Abfüllung aus einem übrig gebliebenen drittbefüllten Ex-Bourbonfass einer längst geschlossenen Brennerei hat wenig Chancen wirklich besser zu sein, als ausgesuchte Fässer mittleren Alters einer produzierenden Brennerei, die jedoch ohne Altersangabe abgefüllt werden.

Mit diesem 7. Punkt beschließen wir die kritische Betrachtung unseres Lieblingsgetränks. Die meisten aufgeführten Probleme sind zwar nicht an den Haaren herbeigezogen, aber trotzdem recht selten.

Sie müssen sich nicht allzu große Sorgen machen, dass Sie oft über den Tisch gezogen werden. Nicht alles wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Beim Whisky entscheidet vor allem Ihr persönlicher Geschmack.

Wenn Sie sich zudem ein wenig vor dem Kauf einer Flasche über deren Inhalt informieren, so werden Sie selten enttäuscht werden. Schlagen Sie die Flasche oder zumindest die Brennerei in einem Whisky-Buch nach oder verschaffen Sie sich hier auf unserer Seite einen Überblick. Es hat sich gezeigt, dass die meisten Fehlkäufe durch überhasteten Einkauf zu Stande gekommen sind. Denken Sie nach. Schreiben Sie Ihre Wünsche auf und treffen Sie bedacht Ihre Kaufentscheidung.