Kühlfilterung

Horst Lüning | 22. April 2024

Whisky wird oft kühl gefiltert, um eine Trübung bei niedrigen Temperaturen zu vermeiden. Aber wie wirkt sich das auf den Geschmack des Whiskys aus? Erfahren Sie, wie Whisky kühl gefiltert wird und was dabei physikalisch passiert.

Inhaltsverzeichnis

Warum wird kühlgefiltert?

Natürlichkeit liegt voll im Trend. Ob es um Essen oder Kosmetik geht, viele streben nach einem natürlichen Lebensstil. Auch vielen Whiskyliebhabern ist es wichtig, natürlichen Whisky mit vollem Aroma zu genießen.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage: Wenn das 'Nicht-Kühlfiltern' so angesagt ist, warum kühlfiltern dann so viele große Whisky-Hersteller immer noch? Zumal eine Kühlfilterung ja mit einigem Aufwand verbunden und zudem eine Geldfrage ist: Man braucht Equipment zur Temperaturregelung, Filter, Arbeitskräfte, Energie und Zeit.

Video von Horst Lüning zum Thema Kühlfilterung aus dem Jahr 2013

Wie wird kühlgefiltert?

Der Whisky muss zunächst auf 0-4° C abgekühlt werden. Manche Hersteller kühlen sogar bis auf -10° C herunter, sodass der Whisky noch weniger zur Trübung neigt. Denn Whisky beginnt später beim Genuss unterhalb der Temperatur zu trüben, auf die er bei der Kühlfilterung heruntergekühlt wurde.

Nachdem er also auf die gewünscht niedrige Temperatur gebracht wurde, drückt man den Whisky durch einen Papierfilter, der aus circa 20-25 Lagen besteht. Diese Filter müssen logischerweise regelmäßig ausgewechselt werden. Zudem bleibt stets eine Restmenge Whisky im Filter zurück, wodurch für den Hersteller ein weiterer Verlust entsteht.

Es soll so manche kostensparende schottische Whiskyhersteller geben, die sich dabei im Winter auch das Abkühlen sparen und den Whisky bei Außentemperaturen um die 0 Grad einfach so durch den Filter pressen. 

Dennoch: Spart man sich den Prozess der Kühlfilterung, spart man sich bares Geld, Arbeitszeit und Ressourcen. 

Was passiert bei der Kühlfilterung?

Der eindeutige Vorteil der Kühlfilterung: Die Trübung bleibt aus. Doch woher kommt eigentlich diese Trübung? Um diese Frage zu beantworten, betrachtet man zunächst die Zusammensetzung von Whisky. Dieser besteht zu mindestens 40 % aus Alkohol. Hinzu kommen 59 % Wasser und 1 % andere Stoffe, die für die Geschmäcker sorgen. Dazu gehören zum Beispiel Ester, Phenole, Aldehyde, Ketone und Tannine, oder auch Proteine und Lipide. Diese Lipide, also Fette oder Fettsäuren, lösen sich im Wasser nicht so gut wie der Alkohol und es bilden sich aus den chemischen Verbindungen zwischen Wasser-, Sauer- und Kohlenstoff kleine 'Kugeln', die auch Mizelle genannt werden. Diese Kugeln werden nun in der Flüssigkeit als grauer Schleier sichtbar, was die Trübung verursacht.

Vor allem wenn nicht kühlgefilterte Whiskys abgekühlt werden oder die Lösungsfähigkeit des Alkohols durch Zufügen von Wasser sinkt, ist dieser Schleier zu sehen. Im Video wird anhand einer Flasche bei Zimmertemperatur und einer gekühlten Flasche demonstriert, welchen Einfluss die Temperatur auf die Trübung des Whiskys hat. Wird der Whisky wieder wärmer, verliert er meist die Trübung, da die Mizellen sich auflösen. Es gibt spezielle Fälle, bei denen die Mizellen so stabil werden, dass sie sich nicht wieder auflösen.

Verschiedene Malts enthalten verschiedene Lipide und neigen damit auch nicht in gleichem Maße zu dieser Eintrübung. Außerdem gibt es natürlich unterschiedliche Filter und Filtermethoden. Es lässt sich schlecht beurteilen, wie stark Brennereien ihre Whiskys filtern, denn es gibt auch Abfüllungen, die trüben, obwohl auf der Flasche nichts von 'nicht kühlgefiltert' geschrieben steht (wie bei der Glenfarclas-Flasche im Video).

Oft wird gesagt, dass ab einem Alkoholgehalt von 46 % keine Trübung mehr auftritt. Diese Aussage ist jedoch mit Vorsicht zu genießen. Das liegt zum einen an den unterschiedlichen normalen groben Filterverfahren der Unternehmen, zum anderen auch daran, wie stark der Whisky in seinem Herstellungsprozess mit den oben beschriebenen Lipiden versorgt wird: je mehr, desto trüber. 

Schmeckt nicht kühlgefilterter Whisky besser als kühlgefilterter?

In der im Video vorgestellten Studie der Malt Maniacs, die verschiedene kühlgefilterte und nicht kühlgefilterte Whiskys blind verkosteten, kam man zum Ergebnis, dass es nicht möglich ist am Geschmack zu beurteilen, ob ein Whisky kühlgefiltert ist oder nicht. Sogar das Gegenteil scheint der Fall zu sein: Die Testpersonen bevorzugten in 13 von 16 Fällen die kühlgefilterte Version des Whiskys gegenüber der nicht kühlgefilterten.

Das Fazit der Studie der Malt Maniacs liest sich wie folgt:

"Kühlgefilterter Whisky schmeckt unterschiedlich zu nicht kühlgefiltertem. Nicht kühlgefilterter Whisky schmeckt nicht besser. Und Whiskygenießer sind typischerweise nicht gut darin herauszufinden was kühlgefiltert ist und was nicht. Kühlfilterung lässt den Whisky nicht notwendigerweise sich wie erwartet verändern."

Auch Whisky.de hat einen großangelegten Blind-Versuch mit über 1.000 einzelnen Proben und mehr als 100 erfahrenen Genießer ausgeführt. Hierzu wurden nicht kühlgefilterte Whiskys einmal original und einmal im eigenen Kühlsschrank durch Kieselgur gefiltert probiert und bewertet. Auch hier zeigt sich das selbe Ergebnis. Es gibt sogar eine leichte Tendenz für schwach gereifte Whiskys, dass sich die Kühlfilterung positiv auf den Geschmack auswirkt.

Diese Zahlen bergen - gelinde gesagt - Sprengstoff für eine ganze Branche! Das Prinzip "Ich trinke nur nicht kühlgefilterten Whisky" sollte man schwer überdenken, denn damit enthält man sich selbst einen Teil der richtig guten Whiskys vor.

Am Ende ist die Sache mit der Kühlfilterung wohl eher eine philosophische Frage. Denn früher - bevor 1920 die von Carl von Linde erfundene Kältemaschine großflächig verbreitet war - konnte man nicht kühlen, also auch nicht kühlfiltern. Die Frage ist nun: Möchte man mit seinem Geschmack zurück in diese Zeit und lehnt moderne Technik ab? Dies hätte natürlich auch Nachteile, denn immerhin hat man früher auch nicht so lange gelebt. Auf der anderen Seite: Je mehr Alkohol wir trinken, desto weniger lange leben wir - und ob der Whisky nun kühlgefiltert ist oder nicht - ist in der Hinsicht höchstwahrscheinlich irrelevant. 

Hier finden Sie eine Auswahl nicht kühlgefilterter Whiskys!

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Horst Lüning, studierter Ingenieur für Luft- und Raumfahrttechnik, prägt seit 30 Jahren den führenden Online-Versandhandel Whisky.de. Neben seiner Zuständigkeit für die IT-Infrastruktur und das Marketing, hat er sich in den letzten 10 Jahren als Influencer auf YouTube etabliert. Mit den Kanälen Whisky.de, Whisky.com und UnterBlog erreicht er gemeinsam über 160.000 Abonnenten und veröffentlichte beeindruckende 5.000 Videos zu Themen aus Wirtschaft, Geldanlage, Hightech und Umweltschutz.

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